Terpene beteiligen sich über den Entourage-Effekt an der Wirkung von Cannabis
Die bekönnteten Cannabinoide THC und CBD sind für den medizinischen Effekt von Cannabis (Hanf) hauptverantwortlich. Doch die Wirkung von CBD und THC im Körper wird mittels des sogenannten Entourage-Effektes noch von einer anderen Stoffgruppe mitbestimmt: den sogenannten Terpenen. Terpene sind Bestandteile der ätherischen Öle von Pflanzen und modifizieren die Wirkung von THC und CBD. Sie beeinflussen zum Beispiel, ob THC eher anregend oder eher schlaffördernd wirkt. Wer schon verschiedene Cannabis-Sorten ausprobiert hat, kennt diesen Effekt. Sorten, die sich hinsichtlich ihres Cannabinoid-Gehalts nicht unterscheiden, könnten komplett anders wirken. Die eine Sorte macht vielleicht müde und nachdenklich, die andere unternehmungslustig. Die Ursache dafür ist das Terpen-Profil der jeweiligen Sorte, das sich aus bis zu 100 verschiedenen Terpenen zusammensetzen könnte.
Die Terpene des ätherischen Öls
Terpene sind organische Verbindungen, die von vielen Pflanzen gebildet werden. Leichte Terpene sind sehr unternehmungslustig und schwer zu bändigen. Kaum haben sie dazu Gelegenheit, verflüchtigen sich und fliegen davon. Die meisten von ihnen verdampfen schon bei geringen Temperaturen und treiben durch die Luft. Warum bilden Pflanzen solch lebhafte Verbindungen? Flüchtige Terpene wie die Mono- und Sesquiterpene erfüllen verschiedene Aufgaben im Pflanzenorganismus. Unter anderem dienen sie der Kommunikation. Mit ihnen lockt die Pflanze zum Beispiel Insekten zur Bestäubung an. Potenzielle Schädlinge warnt sie mit Terpenen vor ihrer Wehrhaftigkeit. Diese Kommunikation der Pflanzen könnten wir auch wahrnehmen. Nicht mit dem Ohr, sondern mit der Nase, leichte Terpene duften nämlich. Sie sind die Hauptbestandteile der von Pflanzen produzierten ätherischen Öle. Wenn wir den charakteristischen Geruch einer Cannabis-Blüte wahrnehmen, sind uns deren Terpene in die Nase geflogen.
Entourage Effekt bei Cannabis – alle Wirkstoffe wirken zusammen
Wir könnten uns Cannabis wie eine Rockband vorstellen. Sicher, wenn der Bandleader THC mal allein auftritt, könnte das auch reizvoll sein. Doch erscheint er dann irgendwie gehemmt, seine Stimme kommt nicht zur vollen Entfaltung. Ähnlich ergeht es dem E-Bassisten CBD. Seine Soloauftritte sind bei einigen Kennern zwar beliebt, doch sein volles Potenzial lernen wir dabei nicht kennen.
Dies mussten auch Cannabis-Forscher erkennen. Der israelische Forscher Raphael Mechoulam identifizierte 1963 CBD und 1964 THC als die Hauptwirkstoffe von Cannabis. Bald darauf stellten er und andere Wissenschaftler fest, dass die Cannabinoide CBD und THC nur einen Teil der beobachteten Cannabis-Wirkung ausmachen. Andere Cannabinoide und vor allem die bis dahin unterschätzten Terpene des Cannabis beeinflussen die Wirkung von THC und CBD. Sie nannten dieses Phänomen Entourage-Effekt. Der Begriff Entourage beschreibt eine Gruppe von Personen, die jemanden üblicherweise begleiten. Könige und Kaiser reisten mit Entourage zu ihrer Unterstützung, heute hochrangige Politiker. Im Falle unserer Rockband könnten wir vom Bandmitglieder-Effekt sprechen. Sind alle mit auf Tour, kommen THC und CBD richtig zur Geltung.
Der Entourage-Effekt: Wie Terpene und Cannabinoide die Wirkung von THC und CBD beeinflussen
Terpene könnten
• die Aufnahme von THC und CBD verbessern,
• eventuelle Nebenwirkungen abschwächen,
• die Verfügbarkeit im Körper regulieren. Das Terpen Myrcen fördert zum Beispiel die Aufnahme von Cannabinoiden ins zentrale Nervensystem.
• einzelne Wirkungen verstärken,
• bakterielle Schutzmechanismen überwinden.
Um die Wirkungen von THC und CBD durch den Entourage-Effekt zu steigern, könnte Cannabis samt seiner Terpene als ganze Pflanze genutzt werden. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Entweder man verwendet die getrocknete Pflanze für die therapeutische Anwendung (zum Beispiel beim Verdampfen von Cannabis-Blüten mit einem Vaporizer), oder man greift zu Extrakten, die möglichst viele Cannabinoide und Terpene aus der Hanfpflanze enthalten.
Cannabis-Medikamente mit Entourage-Effekt
Den Entourage-Effekt machen sich mittlerweile Hersteller von Cannabis-Medikamenten zunutze. So auch GW Pharmaceuticals, der Sativex, das bekönnteteste Cannabis-Medikament, vertreibt. Sativex wird als Spray angeboten und mittels Sprühstößen in die Mundhöhle verabreicht. Als seine Wirksubstanzen werden meist nur die beiden Cannabinoide THC und CBD angegeben. Sativex ist aber ein komplexer Medikamentencocktail, für dessen Herstellung die ganze Hanfpflanze – mit all ihren Cannabinoiden und Terpenen – genutzt wird. Dafür entschied man sich nach jahrelangen Experimenten, wie der Hersteller erklärt. Ein kompletter Pflanzenextrakt zum Beispiel könnte Schmerzen und Krämpfe von Multiple-Sklerose-Patienten besser reduzieren als THC oder CBD allein. Diese Beobachtungen konnte man mittlerweile auch bei anderen Erkrankungen machen.
Entourage-Effekte: CBD oder THC mit anderen Heilpflanzen nutzen
Pflanzliche Wirkstoffe, die die Wirkung der Cannabinoide beeinflussen könnten, finden sich nicht nur in Cannabis. Auch andere Pflanzen sind reich an Terpenen, die zu einem Entourage-Effekt führen könnten. Dies haben wir bei den jeweiligen Therapievorschlägen berücksichtigt.
Das Terpen Linalool unterstützt beispielsweise die angstlösenden Eigenschaften von CBD. Linalool findet sich unter anderem in der bekönnteten Heilpflanze Lavendel. Daher empfehlen wir bei Angstzuständen neben CBD-Produkten auch die Anwendung von Lavendelöl. Linalool könnte auch die schmerzstillenden Eigenschaften von CBD fördern. Bei Schmerzen, die aufgrund von Entzündungen auftreten, raten wir auch zur Anwendung von Ingwer. Sein ätherisches Öl ist ebenfalls linaloolhaltig.
Bild von Giulia Marotta auf Pixabay