Darum interessiert sich die Wissenschaft für die Wirkung von Cannabis und CBD bei schwarzem Hautkrebs
Cannabis (Hanf) und seine Cannabinoide wie THC und CBD (Cannabidiol) könnten in Zukunft vielleicht auch bei der Therapie von Hautkrebs wie dem Melanom (schwarzer Hautkrebs) berücksichtigt werden. Dies legen zumindest bisherige Forschungsergebnisse nahe, denen wir uns in diesem Beitrag widmen wollen.
In den letzten Jahren interessieren sich Betroffene und die Wissenschaft immer mehr für die Möglichkeiten Cannabis und CBD bei Krebs. Resultate aus der Grundlagenforschung, dokumentierte Fallberichte und erste kleine klinische Studien zeigen die krebswidrigen Eigenschaften von Cannabis und CBD bei einer Reihe von Krebsarten, unter anderem bei Hirntumoren, Brustkrebs, Prostatakrebs, Darmkrebs oder Eierstockkrebs. Während wir darauf warten, dass diese vielversprechenden Ergebnisse durch aussagekräftige klinische Studien validiert werden, mehren sich die Hinweise, dass Hanfwirkstoffe auch bei anderen Krebserkrankungen hilfreich sein könnten, dazu zählt auch Hautkrebs, insbesondere das maligne Melanom.
Der schwarze Hautkrebs ist ein bösartiger Tumor der Haut, der dazu neigt, früh zu streuen. Wesentlich seltener sind Melanome auf den Schleimhäuten zu finden. Bei einer frühen Diagnose und Behandlung steht die Chance einer Heilung gut, die Tumormasse könnte dann meist operativ entfernt werden. Wenn ein Melanom bereits Metastasen gebildet hat, ist die Chance auf Heilung gering, wobei die Lebenserwartung jedoch sehr unterschiedlich sein könnte. (1) Bei Tumoren mit Tochtergeschwulsten werden momentan unterschiedliche Therapieansätze erprobt, dazu zählen unter anderem Chemotherapie, Operation, Krebsimmuntherapie und Strahlentherapie. Forschungsteams untersuchen zudem eine Reihe verschiedener Substanzen, die Einfluss auf das Wachstum und die Verbreitung vom schwarzen Hautkrebs haben. (2) Dazu zählen auch die Cannabinoide, die Hauptwirkstoffe von Cannabis.
Was uns In-vivo Studien über Cannabis und CBD bei Hautkrebs verraten könnten
Verschiedene Studien der letzten Jahre konnten zeigen, dass Cannabiswirkstoffe wie CBD und THC – einzeln oder zusammen – das Wachstum von Melanomzellen beeinflussen könnten. Sie konnten in Versuchen die Größe der Tumormasse reduzieren und den programmierten Zelltod (Apoptose) oder die Autophagie bei Hautkrebszellen einleiten. Die Autophagie bezeichnet die Fähigkeit von Zellen, falsche oder beschädigte Proteine oder Zellstrukturen aufzulösen und neu aufzubauen. Bei Krebszellen ist diese Fähigkeit typischerweise gehemmt. Ein Team der School of Science der Universität von Melbourne, Australien, sichtete die bisherigen Studien zu CBD und anderen Cannabinoiden bei Hautkrebs. Für die Auswertung berücksichtigte das Forschungsteam insgesamt über 600 Studien zum Thema. Nach sorgfältigen Auswahlkriterien blieben davon sechs In-vivo-Studien übrig, die den Kriterien der Wissenschaftler entsprachen. (3) Warum ist eine so strenge Selektion nötig, die nur zur Berücksichtigung von In-vivo-Studien führt?
Die Entwicklung neuer Therapieansätze beginnt meist zunächst mit Forschungen in vitro. Dabei wird zum Beispiel die Wirksamkeit eines Medikaments außerhalb eines lebendigen Organismus getestet. Bei der Krebsforschung wird beispielsweise an isolierten Krebszellen geforscht. Diese Ergebnisse sind oft vielversprechend – das ist auch bei Cannabinoiden und Hautkrebs so. Werden Melanome im Labor mit Cannabiswirkstoffen wie THC behandelt, sterben diese ab. (4) Erkenntnisse, die in vitro gewonnen werden, haben jedoch nur eine beschränkte Aussagekraft. Was unter Laborbedingungen an isolierten Zellen klappt, muss nicht im lebendigen Organismus funktionieren. Es ist theoretisch möglich, dass ein Wirkstoff, der im Labor Hautkrebszellen effektiv bekämpft, bei Menschen komplett wirkungslos bleibt. Daher folgen bei der Suche nach neuen Wirkstoffen auf Testungen in vitro, In-Vivo-Versuche. Bei diesen überprüfen Wissenschaftler:innen die Wirksamkeit nicht mehr in einer künstlichen Umgebung wie dem Reagenzglas, sondern in einem lebendigen Organismus – leider spielen dabei Tierversuche eine große Rolle.
Erst wenn sich die Wirksamkeit einer Substanz auch in vivo bestätigt, erfolgt der nächste Schritt, die sogenannte klinische Forschung. Bei dieser wird der Wirkstoff schließlich direkt bei Menschen getestet. Erst dann lässt sich erst beurteilen, ob ein Stoff wirklich das Zeug zum Krebsmedikament hat. Aussagekräftige Ergebnisse, die in vivo erzielt werden, sind also wichtig, damit weitere Forschung finanziert wird. Aus diesem Grund hat sich das australische Forschungsteam nur mit In-vivo-Studien beschäftigt.
Neue Hoffnung? So wirken Cannabiswirkstoffe beim Melanom
Wie auch andere Krebszellen, bilden auch viele Melanome an ihrer Oberfläche Cannabinoid-Rezeptoren aus. Das sind Rezeptoren, bei denen neben körpereigenen Endocannabinoiden wie Anandamid auch Cannabinoide wie THC andocken könnten. Über diese Rezeptoren scheinen Cannabiswirkstoffe ihre antitumoralen Wirkungen zu entfalten. Bei Melanomen ohne Cannabinoid-Rezeptoren fand sich in Untersuchungen keine Hemmung des Krebswachstums durch THC. Die krebswidrigen Eigenschaften von THC verstärken sich in Studien, wenn zeitgleich auch das Cannabinoid CBD verabreicht wurde, diese Ergebnisse decken sich mit Studien mit anderen Krebsarten wie zum Beispiel Hirntumoren oder Brustkrebs. Beispielsweise wirken THC und CBD bei Hirntumoren zusammen gegeben besser, als wenn sie einzeln verabreicht werden.
THC fördert einerseits den Zelltod von Krebszellen (Apoptose) und deren Fähigkeit zur Reparatur (Autophagie), hemmt aber auch Proteine, die einer Krebszelle das Überleben sichern. (5) Auch die alleinige Gabe von CBD könnte das Innenleben einer Krebszelle der Haut empfindlich stören. (6) Neben CBD und THC könnten in Zukunft auch synthetische Cannabinoide bei der Behandlung von Hautkrebs zum Einsatz kommen, auch sie hemmen über eine Interaktion mit dem Cannabinoid-Rezeptoren von Melanomen deren Wachstum. (7)
Welche Hoffnungen könnten Melanom-Patienten also von Cannabis, THC und CBD erwarten? Das Autorenteam der bereits zitierten australischen Studie schreiben in ihrer Publikation:
„Erstens zeigten einige ausgewählte In-vivo-Studien, dass Cannabinoide einzeln eingesetzt werden könnten, um die Tumorgröße erfolgreich zu reduzieren und den Zelltod zu induzieren. … Zweitens könnte in einigen Fällen die Verwendung von Cannabinoiden möglicherweise die Lebensqualität von Krebspatienten verbessern.“
Unser Fazit
Bisherige Studien lassen vermuten, dass die krebswidrigen Eigenschaften von Cannabinoiden wie THC und CBD auch bei Hautkrebsarten wie dem Melanom Wirkung zeigen. In-vivo-Untersuchungen konnten zeigen, wie diese Wirkung zustande kommt. Ob diese auch für Menschen mit Melanomen relevant ist, darüber werden erst klinische Studien Aufschluss geben. Es ist wünschenswert, dass diese bald durchgeführt werden, da es bei Melanomen in fortgeschrittenen Stadien noch an überzeugenden Therapieoptionen fehlt. Bis dahin sind Cannabis und Cannabiswirkstoffe nicht als Krebsmedikament, sondern zur Behandlung von typischen Nebenwirkungen und Beschwerden, die im Rahmen einer Krebserkrankung und deren Therapie auftreten, eine gute Option. Insbesondere bei Tumorschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Auszehrung oder Appetitlosigkeit leisten sie gute Dienste. Eine im Oktober 2020 veröffentlichte Auswertung kommt zum Schluss, dass weder für Cannabis noch für THC oder Cannabidiol klinische Daten vorliegen, die ihren Einsatz als Krebsmedikament rechtfertigen würden.
Wer Cannabis oder einzelne Cannabinoide wie CBD bei einer Krebserkrankung anwenden möchte, sollte dies unbedingt mit seinen behandelnden Ärzten besprechen. Wie viele andere natürliche Wirkstoffe könnten Cannabinoide die Wirkung von schulmedizinischen Therapien beeinflussen. So ist es wichtig, die möglichen Gegenanzeigen, Nebenwirkungen, Wechselwirkung von CBD, THC und Cannabis zu kennen.
Update: Im Jahr 2020 überprüfte die Stiftung Warentest 17 CBD-Produkte, davon waren 14 CBD-Öle, die für die innerliche Einnahme Online-Shops, Online-Apotheken und in Drogerien verkauft wurden. Leider schnitten die untersuchten Produkte schlecht ab, teilweise enthielten sie weniger CBD als beworben. Teilweise enthielten sie mehr THC als gesetzlich erlaubt. Das ernüchternde Fazit der Stiftung: „„Aus diesen Gründen halten wir keines der geprüften CBD-Mittel zum Einnehmen für sicher.“ Aufgrund dieser Untersuchung empfehlen wir, CBD-Öle nur nach einer Beratung durch einen Apotheker oder einer Apothekerin zu erwerben.
Quellenangaben
(1) Rastrelli M, Tropea S, Rossi CR, Alaibac M. Melanoma: epidemiology, risk factors, pathogenesis, diagnosis and classification. In Vivo. 2014;28(6):1005-1011
(2) Pavri SN, Clune J, Ariyan S, Narayan D. Malignant Melanoma: Beyond the Basics. Plast Reconstr Surg. 2016;138(2):330e-40e
(3) Bachari A, Piva TJ, Salami SA, Jamshidi N, Mantri N. Roles of Cannabinoids in Melanoma: Evidence from In Vivo Studies. Int J Mol Sci. 2020;21(17):E6040. Published 2020 Aug 21
(4) Armstrong, J.L.; Hill, D.S.; McKee, C.S.; Hernandez-Tiedra, S.; Lorente, M.; Lopez-Valero, I.; Anagnostou, M.E.; Babatunde, F.; Corazzari, M.; Redfern, C.P. Exploiting cannabinoid-induced cytotoxic autophagy to drive melanoma cell death. J. Investig. Dermatol. 2015, 135, 1629–1637
(5) Blazquez, C.; Carracedo, A.; Barrado, L.; Real, P.J.; Fernandez-Luna, J.L.; Velasco, G.; Malumbres, M.; Guzman, M. Cannabinoid receptors as novel targets for the treatment of melanoma. FASEB J. 2006, 20, 2633–2635
(6) Simmerman, E.; Qin, X.; Jack, C.Y.; Baban, B. Cannabinoids as a Potential New and Novel Treatment for Melanoma: A Pilot Study in a Murine Model. J. Surg. Res. 2019, 235, 210–215
(7) Kenessey, I.; Banki, B.; Mark, A.; Varga, N.; Tovari, J.; Ladanyi, A.; Raso, E.; Timar, J. Revisiting CB1 receptor as drug target in human melanoma. Pathol. Oncol. Res. POR 2012, 18, 857–866
Wichtiger Hinweis zu unseren Artikeln
Wir bemühen uns, Ihnen auf diesem Blog aktuelle, sachliche und faktenbasierte Informationen zu geben. Diese könnten jedoch nicht die fachkundige Behandlung und Beratung durch Ihren Arzt ersetzen. Informieren Sie ihn über Ihre Beschwerden. Besprechen Sie sich mit Ihm, wenn Sie Hinweise aus diesem Blog bei Ihrer Therapie berücksichtigen möchten.