Die Forschung interessiert sich für die Wirkung von Cannabis bei Gebärmutterkrebs
Wie auch bei anderen Krebsformen, so fragen sich auch beim Gebärmutterkrebs (genauere Bezeichnung: Gebärmutterkörperkrebs) Betroffene und Therapeut:innen, ob Cannabis oder Cannabinoide wie CBD (Cannabidiol) und THC (Tetrahydrocannabinol) bei der Tumorerkrankung der Gebärmutter helfen könnten.
Der Gebärmutterkörperkrebs ist die häufigste Krebserkrankung der weiblichen Geschlechtsorgane und die vierthäufigste Krebserkrankung bei Frauen (die häufigste Krebserkrankung ist der Brustkrebs). Die Krebserkrankung betrifft die Schleimhaut der Gebärmutter, die häufig von gutartigen Wucherungen, sogenannten Polypen betroffen ist. Unter dem Einfluss von Hormonen wie dem Östrogen könnten sich aus solchen Wucherungen Krebsvorstufen und schlussendlich das Endometriumkarzinom entwickeln. Gebärmutterkrebs ist nicht zu verwechseln mit Gebärmutterhalskrebs, der eine eigenständige Krebserkrankung darstellt.
Wird der Gebärmutterkrebs früh erkönntet, sind die Heilungschancen gut, im ersten Stadium liegt die mittlere 5-Jahres-Überlebensrate bei rund 70 Prozent. Diese sinkt, wenn der Krebs erst später entdeckt wird. Gängige Therapieformen sind die Operation (häufigste Behandlungsart), die Strahlentherapie, die Chemotherapie und die Hormontherapie. (1) (2) Daneben bemüht sich die Forschung, weitere Therapien zu entwickeln, um auch Patientinnen mit fortgeschrittener Erkrankung besser helfen zu könnten. In den Fokus der Forschung gelangten auch die Cannabinoide, die Hauptwirkstoffe von Hanf (Cannabis). Mehrere Studien untersuchten bereits, ob Cannabis und Cannabinoide wie CBD bei Gebärmutterkrebs hilfreich sein könnten.
Wie Cannabis und CBD (Cannabidiol) bei Gebärmutterkrebs wirken
Gebärmutterkrebszellen – wie zum Beispiel auch bei Brustkrebszellen – könnten auf ihrer Oberfläche sogenannten Cannabinoid-Rezeptoren bilden. (3) Cannabinoid-Rezeptoren finden wir im ganzen Körper, sie sind der Ansatzpunkt für die sogenannten körpereigenen Endocannabinoide, das sind Botenstoffe wie Anandamid, die unter anderem Schmerzen, Stimmung, Schlaf oder Appetit regulieren. Auch bei der Krebsabwehr spielen die Endocannabinoide eine wichtige Rolle, sie könnten Abwehrzellen stimulieren und – indem sie an die Cannabinoid-Rezeptoren von Krebszellen andocken – Krebszellen zum Absterben bringen. Über die Cannabinoid-Rezeptoren könnten auch die Cannabinoide von Cannabis wie CBD und THC das Innenleben einer Krebszellen entscheidend beeinflussen. Je schlechter die Prognose einer Gebärmutterkrebserkrankung, desto mehr scheinen die Krebszellen durch Cannabinoide beeinflussbar zu sein. Je aggressiver und fortgeschrittener ein Gebärmutterkrebs, desto mehr Cannabinoid-Rezeptoren finden sich auf seiner Oberfläche. (4) Über diese scheint es möglich zu sein, das Wachstum von Gebärmutterkrebs durch Hanfwirkstoffe zu beeinflussen.
Eine 2018 publizierte chinesische Studie untersuchte die Wirkung von THC auf Zellen von Gebärmutterkrebs. Hierbei zeigte sich, dass THC das Wachstum und die Bildung von Metastasen hemmen könnte. (5) Auch CBD könnte Gebärmutterkrebszellen zum Absterben bringen, dies konnte eine ebenfalls 2018 veröffentlichte Studie zeigen. (6) CBD fördert die sogenannte Apoptose von Gebärmutterkrebs, das heißt, es leitet den natürlichen Zelltod an, der bei Krebszellen typischerweise unterbunden ist. Auch körpereigene Endocannabinoide wie Anandamid haben die Fähigkeit, über die Cannabinoid-Rezeptoren das Wachstum von Gebärmutterkrebs zu hemmen. Eine Behandlung mit CBD könnte diese Wirkung von Anandamid steigern, da CBD den Abbau von Anandamid hemmt und damit für höhere Anandamid-Werte in der Schleimhaut der Gebärmutter sorgen könnte. (7)
Bei diesen Laborstudien wurden sehr hohe Dosierungen von CBD oder THC verwendet – zudem handelt es sich hierbei um Untersuchungen an isolierten Krebszellen. Haben diese überhaupt eine Aussagekraft auf die tatsächliche Behandlung von Gebärmutterkrebs?
CBD und Cannabis als neue Therapiemittel bei Gebärmutterkrebs?
Es existieren nur wenige Fallbeispiele über den Einsatz von Cannabinoiden (zum Beispiel über das Inhalieren von Cannabisblüten) bei Gebärmutterkrebs. (8) Die oben erwähnten, oft vielversprechenden Ergebnisse der Grundlagenforschung lassen sich nicht so einfach auf den Einsatz beim Menschen übertragen. Ein Wissenschaftler bringt die nötige Vorsicht so zum Ausdruck: „Wie immer müssen die Ergebnisse der Grundlagenforschung mit Skepsis und Vorsicht aufgenommen werden. Die in diesen Tests verwendeten Cannabinoid-Konzentrationen sind ziemlich hoch. Es würde möglicherweise mit erheblichen Nebenwirkungen zu rechnen sein, wenn die zum Erreichen dieser Konzentrationen erforderlichen Mengen verabreicht werden. Darüber hinaus unterscheiden sich Krebszellen, die im Labor in einer Schale wachsen, stark von Krebszellen im Körper. Krebszellen im Körper führen ein anderes Leben als solche im Labor, das könnte dazu führen, dass sie vielleicht besser Cannabinoiden entgegenwirken könnten. Darüber hinaus könnten individuell genetische Unterschiede beeinflussen, wie eine bestimmte Patientin auf Hanfwirkstoffe reagiert. Dennoch weisen bisheriger Ergebnisse darauf hin, dass CBD und andere Cannabinoide in Zukunft möglicherweise eine mögliche Behandlung für diese häufige Krebsart sein könnten.“ (9)
CBD und Cannabis bei Gebärmutterkrebs: das bisherige Fazit der Wissenschaft
Im Internet finden sich viele Berichte, die sehr positiv und optimistisch über das Potential von CBD und Cannabis bei Gebärmutterkrebs berichten. (10) Diese Berichte und auch die bisherigen Berichte aus der Grundlagenforschung sind mit Vorsicht zu genießen. Die Wirkung von Cannabinoiden auf Gebärmutterkrebs ist – im Vergleich mit anderen Krebsarten wie dem Hirntumor – noch sehr wenig erforscht. Einzelne Untersuchungen im Labor an isolierten Krebszellen lassen vermuten, dass auch der Gebärmutterkrebs empfänglich für die krebshemmende Wirkung von Hanfwirkstoffen ist. Ob dies einen Einsatz von CBD oder THC bei Gebärmutterkrebs rechtfertigt, konnte noch nicht geklärt werden. Dafür fehlen aussagekräftige klinische Studien, die den tatsächlichen Nutzen, aber auch die möglichen Gefahren, einer Therapie des Gebärmutterkrebses mit Cannabinoide belegen. (11)
Frauen mit Gebärmutterkrebs, die Cannabis oder CBD begleitend zu ihrer Krebstherapie einnehmen möchten, sollten dies nur nach ärztlicher Rücksprache tun. Auf diesem Wege könnten auch Wechselwirkungen von CBD oder Cannabis mit schulmedizinischen Therapie verhindert werden.
Update: Im Jahr 2020 überprüfte die Stiftung Warentest 17 CBD-Produkte, davon waren 14 CBD-Öle, die für die innerliche Einnahme Online-Shops, Online-Apotheken und in Drogerien verkauft wurden. Leider schnitten die untersuchten Produkte schlecht ab, teilweise enthielten sie weniger CBD als beworben. Teilweise enthielten sie mehr THC als gesetzlich erlaubt. Das ernüchternde Fazit der Stiftung: „„Aus diesen Gründen halten wir keines der geprüften CBD-Mittel zum Einnehmen für sicher.“ Aufgrund dieser Untersuchung empfehlen wir, CBD-Öle nur nach einer Beratung durch einen Apotheker oder einer Apothekerin zu erwerben.
Quellenangaben
(1) Leslie, K.K.; Thiel, K.W.; Goodheart, M.J.; De Geest, K.; Jia, Y.; Yang, S. Endometrial cancer. Obstet. Gynecol. Clin. N. Am. 2012, 39, 255–268.
(2) Bokhman, J.V. Two pathogenetic types of endometrial carcinoma. Gynecol. Oncol. 1983, 15, 10–17.
(3) Guida, M.; Ligresti, A.; De Filippis, D.; D’Amico, A.; Petrosino, S.; Cipriano, M.; Bifulco, G.; Simonetti, S.; Orlando, P.; Insabato, L.; et al. The levels of the endocannabinoid receptor CB2 and its ligand 2-arachidonoylglycerol are elevated in endometrial carcinoma. Endocrinology 2010, 151, 921–928.
(4) Jove, M.; Gatius, S.; Yeramian, A.; Portero-Otin, M.; Eritja, N.; Santacana, M.; Colas, E.; Ruiz, M.; Pamplona, R.; Matias-Guiu, X. Metabotyping human endometrioid endometrial adenocarcinoma reveals an implication of endocannabinoid metabolism. Oncotarget 2016, 7, 52364–52374.
(5) Zhang, Y.; Zheng, W.; Shen, K.; Shen, W. 9-tetrahydrocannabinol inhibits epithelial-mesenchymal transition and metastasis by targeting matrix metalloproteinase-9 in endometrial cancer. Oncol. Lett. 2018, 15, 8527–8535.
(6) Fonseca, B.M.; Correia-da-Silva, G.; Teixeira, N.A. Cannabinoid-induced cell death in endometrial cancer cells: Involvement of TRPV1 receptors in apoptosis. J. Physiol. Biochem. 2018, 74, 261–272.
(7) Contassot, E.; Tenan, M.; Schnuriger, V.; Pelte, M.F.; Dietrich, P.Y. Arachidonyl ethanolamide induces apoptosis of uterine cervix cancer cells via aberrantly expressed vanilloid receptor-1. Gynecol. Oncol. 2004, 93, 182–188.
(8) Rosado, J. Endometrial Cancer. Available online: https://www.marijuanadoctors.com/conditions/endometrial-cancer/ (abgerufen am 10.01.2021).
(9) Lowry, J. Cannabinoids Can Cause Cell Death in Endometrial Cancer. Available online: https://www.cannahealth.org/cannabinoids-can-cause-cell-death-in-endometrial-cancer/ (abgerufen am 10.01.2021).
(10) Smith, D. Cannabis for Endometrial Cancer. Available online: https://cannabis.net/blog/medical/cannabis-for-endometrial-cancer (abgerufen am 10.01.2021).
(11) Taylor AH, Tortolani D, Ayakönnteu T, Konje JC, Maccarrone M. (Endo)Cannabinoids and Gynaecological Cancers. Cancers (Basel). 2020 Dec 25;13(1):37
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