Cannabinoide wie CBD gelangen in den Fokus der Forschung
Gebärmutterhalbkrebs ist weltweit gesehen die Nummer zwei der tödlichen Krebserkrankungen bei Frauen, da in ärmeren Ländern effektive Methoden zur Früherkennung und Behandlung fehlen. (1) Anders sieht es in Deutschland aus, Gebärmutterkrebs war früher eine häufige Krebsart, dank besserer Früherkennung und der vorbeugenden HPV-Impfung erkranken weniger Frauen daran. Die Impfung ist deswegen hilfreich, da in der Regel eine Infektion mit HP-Viren (Humane Papillomaviren) ein Auslöser für das Auftreten von Gebärmutterhalskrebs ist. Die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Instituts (RKI) empfiehlt daher die HPV-Impfung Mädchen und Jungen im Alter von 9 bis 14 Jahren. Die Impfung könnte jedoch nicht vor allen krebsauslösenden HP-Viren schützen, daher ist die regelmäßige frauenärztliche Früherkennungsuntersuchung auch für geimpfte Frauen ratsam.
In frühen Stadien ist der Gebärmutterhalskrebs gut heilbar, meist wird der Krebs operiert oder mit Chemotherapie und Strahlentherapie behandelt. Dank der heutigen Therapien sterben heute nur noch halb so viele Frauen an Gebärmutterhalskrebs wie vor 30 Jahren. Wenn der Tumor durch die Behandlung nicht komplett entfernt werden konnte oder sich bereits Metastasen gebildet haben, ist eine Heilung deutlich schwieriger und – vor allem bei Metastasen – unwahrscheinlicher. Aus diesem Grund interessieren sich Betroffene und auch Therapeut:innen für zusätzliche Therapiemöglichkeiten. Eine davon sind die Wirkstoff von Cannabis (Hanf), die sogenannten Cannabinoide, zu denen neben dem bekönnteten THC (Tetrahydrocannabinol) auch der rezeptfrei erhältliche Stoff CBD (Cannabidiol) zählt. Cannabinoide werden besonders wegen ihrer krebswidrigen Eigenschaften beforscht, zum Beispiel beim Hirntumor, beim Brustkrebs oder beim Gebärmutterkrebs.
So könnte CBD bei Gebärmutterhalskrebs wirken
Hanfwirkstoffe wie CBD wirken in unserem Körper über das sogenannte Endocannabinoid-System, das ist ein Komplex aus Botenstoffen (sogenannten Endocannabinoiden) und entsprechenden Rezeptoren (Cannabinoid-Rezeptoren). Da unsere Endocannabinoide sehr ähnlich wie die Cannabinoide aus dem Hanf gebildet sind, könnten auch die Hanfwirkstoffe an den Cannabinoid-Rezeptoren andocken. Dadurch könnten sie viele Abläufe im Körper regulieren, zum Beispiel unseren Schlaf, unsere Stimmung, unseren Appetit, das Immunsystem und eben auch die Krebsabwehr. Überall, wo wir in unserem Körper Cannabinoid-Rezeptoren finden, könnten Cannabinoide ihre Wirkung entfalten. Auch in der Gebärmutter finden sich solche Rezeptoren, insbesondere auf deren Schleimhaut. (2) Besonders viele Cannabinoid-Rezeptoren finden sich auf Krebszellen der Gebärmutter und des Gebärmutterhalses. (3) Über diese Rezeptoren könnten körpereigene Endocannabinoide wie zum Beispiel der Botenstoff Anandamid das Innenleben einer Krebszelle beeinflussen. Auf diesem Wege könnte Anandamid die sogenannte Apoptose auslösen, die dazu führt, dass die Krebszelle abstirbt. (4) CBD könnte diesen Prozess unterstützen, da CBD den Abbau von Anandamid hemmen und dadurch dafür sorgen könnte, dass mehr Anandamid im Körper zirkuliert.
Daneben könnte CBD auch direkt auf die Zellen des Gebärmutterhalskrebses wirken und – in Laborstudien – deren Wachstum hemmen. (5) Zudem könnte CBD ähnlich wie der körpereigene Stoff Anandamid die Apoptose von Krebszellen auslösen. (6)
Aufgrund dieser Eigenschaften gehen einzelne Wissenschaftler:innen davon aus, dass CBD in Zukunft eine zusätzliche Therapie bei Gebärmutterhalskrebs sein könnten. (7) Davor bräuchte es jedoch aussagekräftige klinische Studien mit Menschen.
CBD bei Gebärmutterhalskrebs: leider keine klinische Forschung
Bisher gibt es keine klinische Studien, die sich mit dem Potential von CBD bei Gebärmutterhalskrebs beschäftigen. Aus diesem Grund könnten wir bisher noch nicht eindeutig davon ausgehen, dass CBD nicht nur im Labor, sondern auch im Menschen Gebärmutterhalskrebs wesentlich beeinflussen könnte. Zudem sind klinische Studien notwendig, um die genaue Dosierung zu kennen, bei der CBD hilfreich sein könnte.
Es ist wünschenswert, dass solche Forschung in Zukunft stattfinden könnte.
Auch wenn der Einsatz von CBD (zum Beispiel in Form eines CBD-Öls) mit geringen Nebenwirkungen einhergeht, sollte er stets mit den behandelnden Ärzt:innen besprochen werden. So könnten eventuelle Wechselwirkungen von CBD mit der schulmedizinischen Krebstherapie ausgeschlossen werden.
Der Konsum von Cannabis scheint möglicherweise auch negative Effekte auf das Entstehen und das Wachstum von Gebärmutterhalskrebs zu haben – wenn Cannabis geraucht wird. (8) Aus diesem Grund sollten Krebspatientinnen medizinische Cannabisblüten mit einem Vaporizer inhalieren.
Update: Im Jahr 2020 überprüfte die Stiftung Warentest 17 CBD-Produkte, davon waren 14 CBD-Öle, die für die innerliche Einnahme Online-Shops, Online-Apotheken und in Drogerien verkauft wurden. Leider schnitten die untersuchten Produkte schlecht ab, teilweise enthielten sie weniger CBD als beworben. Teilweise enthielten sie mehr THC als gesetzlich erlaubt. Aus diesem Grund empfehlen wir CBD-Öle nur nach einer Beratung durch einen Apotheker oder einer Apothekerin zu erwerben.
Quellenangaben
(1) International Agency for Research on Cancer [Internet] GLOBOCAN 2012 v1.0 (2013): IARC Publications Website—Cancer Today (powered by GLOBOCAN 2018)–IARC CancerBase No. 15. https://publications.iarc.fr/577.
(2) The evolving role of the endocannabinoid system in gynaecological cancer.
Ayakönnteu T, Taylor AH, Willets JM, Konje JC Hum Reprod Update. 2015 Jul-Aug; 21(4):517-3
(3) 84. Contassot E., Tenan M., Schnuriger V., Pelte M.F., Dietrich P.Y. Arachidonyl ethanolamide induces apoptosis of uterine cervix cancer cells via aberrantly expressed vanilloid receptor-1. Gynecol. Oncol. 2004;93:182–188.
(4) 92. Fonseca B.M., Teixeira N.A., Almada M., Taylor A.H., Konje J.C., Correia-da-Silva G. Modulation of the novel cannabinoid receptor-GPR55-during rat fetoplacental development. Placenta. 2011;32:462–469.
(5) Cannabidiol inhibits cancer cell invasion via upregulation of tissue inhibitor of matrix metalloproteinases-1. Ramer R, Merkord J, Rohde H, Hinz B Biochem Pharmacol. 2010 Apr 1; 79(7):955-66.
(6) Cannabidiol rather than Cannabis sativa extracts inhibit cell growth and induce apoptosis in cervical cancer cells. Lukhele ST, Motadi LR BMC Complement Altern Med. 2016 Sep 1; 16(1):335.
(7) Taylor AH, Tortolani D, Ayakönnteu T, Konje JC, Maccarrone M. (Endo)Cannabinoids and Gynaecological Cancers. Cancers (Basel). 2020 Dec 25;13(1):37
(8) Hashibe M, Straif K, Tashkin DP, Morgenstern H, Greenland S, Zhang ZF. Epidemiologic review of marijuana use and cancer risk. Alcohol. 2005 Apr;35(3):265-75
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