Haarausfall ist eine der sichtbarsten und oft belastendsten Nebenwirkungen einer Chemotherapie. Für viele Krebspatient:innen ist der Verlust der Haare nicht nur ein physisches, sondern auch ein emotionales Thema. Deine Haare sind ein Teil deiner Identität, und wenn sie ausfallen, kann das dein Selbstwertgefühl und dein Gefühl von Normalität in einer ohnehin herausfordernden Zeit erschüttern. Doch es gibt Hoffnung: Wissenschaftliche Studien zeigen, dass bestimmte Naturheilmittel den Haarverlust mildern oder das Nachwachsen der Haare fördern können. Hier erfährst du, welche natürlichen Mittel wirksam sind, wie sie funktionieren und wie du sie sicher anwenden kannst.
Warum Chemotherapie Haarausfall verursacht
Um zu verstehen, wie Naturheilmittel helfen können, schauen wir uns zuerst an, warum Chemotherapie Haarausfall auslöst. Die Medikamente der Chemotherapie greifen schnell teilende Zellen an – das ist ihre Stärke im Kampf gegen Krebs. Leider gehören auch die Zellen in deinen Haarfollikeln zu dieser Gruppe, weshalb sie oft mitbetroffen sind. Schon 1 bis 4 Wochen nach Beginn der Behandlung können die Haare ausfallen, manchmal nur auf dem Kopf, manchmal auch an Augenbrauen, Wimpern oder anderen Körperstellen. Wie stark der Haarverlust ist, hängt von der Art und Dosierung der Chemotherapie ab.
Die gute Nachricht: In den meisten Fällen ist dieser Haarausfall vorübergehend. Nach dem Ende der Therapie wachsen die Haare meist wieder nach. Doch bis es so weit ist, kann es Monate dauern. Naturheilmittel können diesen Prozess unterstützen und dir helfen, dich währenddessen wohler zu fühlen.
Diese Naturheilmittel können das Haarwachstum unterstützen
Die Wissenschaft hat in den letzten Jahren einige natürliche Ansätze untersucht, die helfen könnten. Hier findest du drei vielversprechende Naturheilmittel.
Ginseng
Ginseng wird aus den Wurzeln der Panax-Ginseng-Pflanze gewonnen und ist in der Naturheilkunde seit langem für seine antioxidativen und entzündungshemmenden Eigenschaften bekannt. Besonders roter Ginseng‑Extrakt soll den Haarfollikeln helfen, oxidativen Stress zu reduzieren und die Zellregeneration zu fördern – Prozesse, die während einer Chemotherapie beeinträchtigt werden können.
In einer Laborstudie wurde festgestellt, dass die Anwendung von koreanischem rotem Ginseng‑Extrakt auf der Kopfhaut den durch Chemotherapie verursachten Haarausfall signifikant abschwächt und das Haarwachstum unterstützt. Zwar ist die klinische Evidenz beim Menschen noch begrenzt, doch deuten diese Ergebnisse auf ein vielversprechendes Potenzial hin, das als ergänzende Maßnahme zur Minderung von Chemotherapie‑induziertem Haarausfall beitragen könnte.
Anwendung: Wenn du die unterstützende Ginseng‑Behandlung probieren möchtest, greife zu speziell entwickelten Präparaten, die auf die Kopfhaut aufgetragen werden und den spezifischen Ginseng‑Extrakt enthalten. Besonders wichtig ist, dass du die Anwendung ärztlich absprichst, um keine Wechselwirkungen mit deiner Chemotherapie zu verursachen.
Rosmarinöl
Rosmarinöl wird aus den Blättern der Rosmarinpflanze gewonnen. Es ist ein ätherisches Öl, das in der Naturheilkunde schon lange für seine durchblutungsfördernden und entzündungshemmenden Eigenschaften geschätzt wird. Rosmarinöl verbessert die Durchblutung deiner Kopfhaut, wodurch die Haarfollikel besser mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden. Das kann das Haarwachstum anregen. Außerdem wirkt es antioxidativ und schützt die Follikel vor Schäden durch freie Radikale, die bei der Chemotherapie entstehen.
Rosmarinöl wurde in einer Studie mit Minoxidil, einem Klassiker der Haarwuchsmittel, bei erblich bedingtem Haarausfall verglichen und konnte ähnliche Effekte auf das Haarwachstum feststellen. Doch spezifische Studien zu Chemotherapie-induziertem Haarausfall gibt es nicht. Die entzündungshemmenden und antioxidativen Eigenschaften dieses Öls könnten aber auch hier theoretisch helfen.
Anwendung: Mische 5-10 Tropfen Rosmarinöl mit einem Esslöffel Trägeröl (z.B. Kokos- oder Jojobaöl). Massiere die Mischung sanft in deine Kopfhaut ein, lass sie 30-60 Minuten wirken und wasche sie mit einem milden Shampoo aus. Wiederhole das 2-3 Mal pro Woche. Verdünne Rosmarinöl immer mit einem Trägeröl, um Hautreizungen zu vermeiden. Am besten testest du deine Mischung zuerst auf einer kleinen Stelle.
Grüntee-Extrakt
Grüntee-Extrakt stammt aus den Blättern der Grüntee-Pflanze und ist reich an Polyphenolen, besonders Epigallocatechingallat, einem starken Antioxidans. Außerdem gibt es auch Hinweise, dass es die Zellaktivität in den Follikeln anregen und so das Haarwachstum fördern könnte.
Eine Untersuchung aus 2006 fand an einer kleinen Probandengruppe eine wachstumsfördernde Wirkung. Allerdings fehlt auch hier die Bestätigung bei Krebspatient:innen. Die Studienlage ist dünn, aber vielversprechend – Grüntee-Extrakt könnte helfen, aber es fehlen große, spezifische Studien.
Anwendung: Grüntee-Extrakt gibt es als Kapseln oder als Pulver. Beginne mit einer niedrigen Dosis, da hohe Dosen Nebenwirkungen wie Magenbeschwerden verursachen können.
Praktische Tipps für den Alltag
Wenn du eines dieser Naturheilmittel ausprobieren möchtest, sprich zuerst mit deinem Arzt oder deiner Ärztin. Chemotherapie ist komplex, und nicht jedes Mittel passt zu jeder Behandlung. Zudem können Kräuter mit Medikamenten wechselwirken – ein Punkt, den du unbedingt mit deinem Ärzteteam klären solltest.
Neben diesen Mitteln kannst du deine Kopfhaut pflegen, indem du milde Shampoos ohne Sulfate nutzt – am besten einfach besonders schonendes Baby-Shampoo – und deine Kopfhaut zum Beispiel mit einem Tuch oder einer Kappe vor Sonne schützt.
Fazit
Haarausfall durch Chemotherapie ist hart, aber du bist nicht allein damit. Naturheilmittel bieten dir Möglichkeiten, aktiv etwas zu tun – sei es, um deine Kopfhaut zu unterstützen oder das Nachwachsen deiner Haare zu fördern. Allerdings sind viele Studien mit Naturheilmitteln nicht spezifisch auf Krebspatient:innen ausgerichtet. Entscheidend ist, dass du jede Maßnahme mit deinem medizinischen Team besprichst, denn deine Gesundheit steht an erster Stelle. Denke daran: Deine Haare kommen zurück, auch wenn es Zeit braucht. Bis dahin können diese Mittel dir ein Stück Kontrolle und Hoffnung geben. Mit Geduld und der richtigen Unterstützung wirst du diesen Weg meistern.
Dieser Beitrag ist ein Gastbeitrag von Magdalena Riederer von www.healthheld.de
QUELLEN
HealthHeld. (2025; abgerufen am 11.03.2025) Alles Wichtige zu Chemotherapie und Haarausfall. https://healthheld.de/haarausfall/chemotherapie-haarausfall
Keum DI, et al. (2016) Protective effect of Korean Red Ginseng against chemotherapeutic drug-induced premature catagen development assessed with human hair follicle organ culture model. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27158238/
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Panahi Y, et al. (2015) Rosemary oil vs minoxidil 2% for the treatment of androgenetic alopecia: a randomized comparative trial. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25842469/
Bilder
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