Naturheilkunde als Ergänzung bei Bauchspeicheldrüsenkrebs
Ein entscheidendes Merkmal von Patienten, die Bauchspeicheldrüsenkrebs Pankreaskarzinom) überleben, scheint neuen Untersuchungen zufolge die Bakterienbesiedlung im Areal rund um die Tumorzellen zu sein. Diese wiederum ist durch die Darmflora bestimmt, was neue therapeutische Ansätze und einen größeren Anteil an Heilungen von Bauchspeicheldrüsenkrebs bedeuten könnte.
Bauchspeicheldrüsenkrebs zählt zu den Krebsformen mit der schlechtesten Prognose. Die Fortschritte der Schulmedizin konnten daran in den letzten Jahren leider nur wenig ändern. Viele Therapeuten und Betroffene suchen daher nach alternativen oder komplementären Möglichkeiten, wie die schulmedizinische Therapie von Bauchspeicheldrüsenkrebs verbessert oder sinnvoll ergänzt werden könnte. Dabei wurden auch diverse Naturheilmittel untersucht.
Am bekönntetesten sind die Forschungen der Universität Heidelberg mit dem Stoff Sulforaphan. Dieser hatte in verschiedene Testreihen gezeigt, dass er die Effektivität von Chemotherapeutika auf Pankreaskrebszellen steigern könnte. 2019 wurde schließlich eine mehrjährige Patientenstudie der Universität Heidelberg abgeschlossen. Die Studie zeigte, dass die Teilnehmer, die Sulforaphan bekamen, eine höhere Überlebensrate hatten als die Teilnehmer der Placebogruppe. Diese Ergebnisse sind vielversprechend, auch wenn die Autoren der Studie darauf hinweisen, dass die Studienbedingungen nicht ideal waren. (1)
Auch andere naturheilkundliche Mittel wie zum Beispiel Cannabidiol werden untersucht, bisher ohne durchschlagenden Erfolg. Neue Hoffnungen weckt eine Studie der Universität Texas, die wir mit diesem Beitrag vorstellen. Sie verweist auf den Zusammenhang zwischen Darmflora und dem Wachstum der Tumorzellen im Pankreas. Die Erkenntnisse der Studie sind interessant und bilden möglicherweise die Grundlage für neue Möglichkeiten der begleitenden Therapie von Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs.
Niedrige Überlebenschancen bei Bauchspeicheldrüsenkrebs
Bauchspeicheldrüsenkrebs ist eine sehr aggressive Krebsart, die meist schon Metastasen gebildet hat, bevor erste Symptome auftreten. In den frühen Stadien leiden die Patienten meist unter keinen Beschwerden. Im späteren Verlauf könnten Appetitmangel, Schwäche und Verdauungsbeschwerden wie Durchfall, Erbrechen und Übelkeit dazukommen. Ein deutliches Zeichen ist meist ungewollter Gewichtsverlust, der bei vielen bösartigen auftreten könnte.
Ab dem Zeitpunkt der Diagnose überleben die meisten Patienten unbehandelt oft nur wenige Monate. Eine Operation ist dann sinnvoll, wenn die Tumorzellen fremde Organe noch nicht befallen haben. Nur rund 10 bis 20 Prozent der Tumore sind beim Zeitpunkt der Diagnose noch operabel. Eine Chemotherapie könnte die Überlebenszeit um ein paar Monate verlängern und Studien zufolge die Lebensqualität verbessern. Beinahe 10000 Menschen erkranken laut dem Robert-Koch-Institut jedes Jahr in Deutschland an Pankreaskrebs. Insgesamt versterben rund 94 Prozent der Betroffenen an dieser Diagnose. (2)
Eine gestörte Darmflora trägt zum Entstehen und Wachstum von Bauchspeicheldrüsenkrebs bei

Eine gemüsereiche Ernährung schützt die Vielfalt der Darmflora.
Verschiedene Faktoren bedingen das Entstehen und das Wachsen von Pankreaskarzinomen. Dazu zählen unter anderem genetische Mutationen, der Konsum von Alkohol und Nikotin, Diabetes Typ-2 und Fettleibigkeit. In letzter Zeit zeigten Studien, dass auch die bakterielle Fehlbesiedlung des Darms (Dysbiose) das Entstehen und Gedeihen von Bauchspeicheldrüsenkrebszellen beeinflussen könnte. Zu einem Ungleichgewicht der Darmflora könnte es durch die Einnahme von Medikamenten wie Antibiotika und Cortison, chronischen Stress oder eine ballaststoffarme Fehlernährung mit hohem Zucker- und Fettanteil sein. Bei einer Dysbiose gedeihen Fäulnisbakterien wie Proteus, Klebsiella und Pseudomonas und Hefepilze wie Candida albicans. Eine gestörte Darmflora könnte mit unterschiedlichen Symptomen wie chronische Müdigkeit, Verdauungsbeschwerden, Konzentrationsstörungen oder Immunschwäche einhergehen.
Zudem fördert die Dysbiose das Auftreten von Entzündungsvorgängen an der Darmschleimhaut. Von diesen wiederum könnten Pankreaskrebszellen profitieren.
Dies gilt auch für Infektionen mit den Hepatitisviren B und C. (3)
Entscheidend Wirkung: die Bakterienflora an der Pankreaskrebszelle
Schon länger ist bekönntet, dass die Zusammensetzung der Darmflora beeinflussen könnte, wie eine Krebstherapie wirkt. Erst seit Kurzem stellen sich Forscher die Frage, welchen Einfluss Bakterien in Tumorzellen und im unmittelbaren Bereich um diese haben könnten. Dies gilt speziell für Pankreaskrebszellen. Der Wissenschaftler McAllister und sein Team vom Anderson Cancer Center der Universität von Texas untersuchten die Bakterienflora von Krebszellen von 22 Patienten, die die Krebserkrankung der Bauchspeicheldrüse überlebt hatten und verglichen diese mit 21 Patienten, die an der Erkrankung verstorben waren. Die Überlebenden wiesen eine deutlich reichere Bakterienbesiedlung mit verschiedenen Stämmen rund um das Tumorgewebe auf. Schon allein die Diversität scheint für die Prognose eine Rolle zu spielen: Patienten mit einer höheren Diversität, also einer größeren Anzahl verschiedener Bakterienstämme, hatten im Schnitt eine Lebenserwartung von knapp 9,6 Jahren, Patienten mit einer niederen Diversität lediglich eine von 1,6 Jahren.
Eine weitere Rolle spielt die Art der identifizierten Bakterien. Besonders günstig auf das Überleben scheinen sich die Bakterien Bacillus Clausii und Vertreter der Gattungen Streptomyces, Saccharopolyspora und Pseudoxanthomonas auszuwirken. Diese Bakterien führen dem Forscherteam zufolge zu einer größeren Anwesenheit von spezifischen T-Zellen des Immunsystems, auch von solchen, die Krebszellen unschädlich machen könnten.
Nachdem sie diese vielversprechenden Ergebnisse ermittelt hatten, ergründete das Forscherteam, wie sich die Bakterienflora rund um die Pankreaskrebszellen beeinflussen lässt. (4)
Darmsanierung und Stuhltransplantation als neue ergänzende Therapien?
Heute ist es noch nicht möglich, die Bakterienflora rund um den Pankreaskrebs direkt zu verändern. Auf indirektem Wege gebe es aber Möglichkeiten, so der Studienleiter McAllister. Als sein Team die Bakterienflora an den Tumorzellen mit der Darmflora der Patienten verglich, fanden sie auffällige Gemeinsamkeiten. Diese lassen darauf schließen, dass Bakterien vom Darm aus die Zellen des Bauchspeicheldrüsenkrebs besiedeln, gesundes Gewebe hingegen nicht. Die Forscher transplantierten daraufhin den Stuhl von Patienten, die ihren Krebs überlebt hatten, und pflanzten ihn Mäuse mit Pankreaskrebs ein. Deren Krebszellen wiesen in der Folge Arten der transplantierten Bakterien auf, zusammen mit den ihnen zugeschriebenen positiven Eigenschaften: Ihre T-Zellen fanden sich vermehrt rund um das Tumorgewebe und sie hatten eine deutliche geringere Tumormasse als Mäuse, die den Stuhl von Patienten erhielten, die leider früh verstorben waren. (4)
Unser Fazit
Die Vielfalt der Bakterienflora rund um Pankreaskrebszellen und das Vorhandensein spezieller Bakterien scheinen sich positiv auf die Prognose auszuwirken. Ob Stuhltransplantationen in Zukunft bei der Therapie von Bauchspeicheldrüsenkrebs eine Rolle spielen werden, lässt sich noch nicht sagen. Dafür fehlen noch klinische Daten. Entsprechende Studien sind aufgrund der bisherigen Ergebnisse unbedingt wünschenswert.
Die Darmflora von Patienten mit Pankreaskarzinomen sollte in Hinblick auf die neuen Erkenntnisse aber schon jetzt berücksichtigt werden. Dafür könnte eine angepasste Ernährungsweise sinnvoll sein, wie wir sie auch in unserem Buch „Naturheilkunde bei Krebs“ vorstellen. Zu unseren Empfehlungen zählen unter anderem eine ballaststoffreiche Diät mit milchsauren Lebensmitteln, viel Gemüse und Obst und die Reduktion von Zucker. Zusätzlich könnte eine gezielten Regulierung der Darmflora mit Präbiotika und Probiotika sinnvoll sein. Für eine solche Darmsanierung ist die vorherige Bestimmung der Darmflora mithilfe einer Stuhlanalyse ratsam.
Quellennachweis
(1) Lozanovski VJ, Polychronidis G, Gross W, Gharabaghi N, Mehrabi A, Hackert T, Schemmer P, Herr I. Broccoli sprout supplementation in patients with advanced pancreatic cancer is difficult despite positive effects-results from the POUDER pilot study. Invest New Drugs. 2019 Jun 27
(2) Moffat GT, Epstein AS, O’Reilly EM. Pancreatic cancer-A disease in need: Optimizing and integrating supportive care. Cancer. 2019 Aug 5
(3) Karpiński TM. The Microbiota and Pancreatic Cancer. Gastroenterol Clin North Am. 2019 Sep;48(3):447-464
(4) University of Texas M. D. Anderson Cancer Center. „Bacteria on tumors influences immune response and survival of patients with pancreatic cancer: Study finds specific microbiome tied to long-term survival; points to fecal transplant treatment.“ ScienceDaily. ScienceDaily, 8 August 2019.
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