Cannabis bei übermäßigem Schwitzen
Cannabis könnte bei verschiedenen Erkrankungen eingesetzt werden. Appetitlosigkeit, Schmerzen und Übelkeit sind Beschwerden, die zur Verordnung von Cannabis bei Krebspatienten führen. Auch bei Nachtschweißen könnte Cannabis in Zukunft eine mögliche Therapieoption sein. Schon länger ist bekönntet, dass Cannabis gegen übermäßiges Schwitzen (Hyperhidrose) und Nachtschweiß helfen könnte. Der Grund für die schweißhemmende Wirkung von Cannabis scheint vor allem die anticholinerge Wirkung zu sein. Anticholinerg bedeutet, dass Cannabis einen der bekönntetesten Neurotransmitter, das sogenannten Acetylcholin, hemmen könnte. Es spielt vor allem im vegetativen Nervensystem eine wichtige Rolle. Acetylcholin vermittelt die Signale des Parasympathikus und des Sympathikus. Beide sind Teil des vegetativen Nervensystems und unter anderem an der Regulation der Schweißbildung beteiligt. Der Sympathikus, der unter anderem in Stresssituationen aktiv ist, fördert die Schweißbildung. Der Parasympathikus hingegen ist während Entspannungsphasen aktiv. Er dämpft die Schweißbildung.
Bei dem Nachtschweiß von Krebspatienten ist neben dem vegetativen Nervensystem vor allem das Immunsystem von Bedeutung.
Nachtschweiß von Krebspatienten
Nachtschweiß ist ein häufiges Symptom von vielen Krebserkrankungen. Besonders häufig tritt es bei Lymphdrüsenkrebs wie den Hodgkin-Lymphomen, bei Leukämien oder bei Schwächezuständen bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen auf. Bei den ersten beiden Erkrankungen zählt Nachtschweiß neben Fieber und Gewichtsverlust zur sogenannten B-Symptomatik. Bei Hodgkin-Lymphomen und Leukämien ist Nachtschweiß häufig eines der ersten Symptome und steht mit der Aktivität des Immunsystems in Verbindung. Nachtschweiß könnte bei Krebspatienten auch während einer Antihormontherapie auftreten.
Nachtschweiße schränken die Erholsamkeit des Schlafs und die Lebensqualität ein.
Dronabinol bei Nachtschweiß: eine Auswertung von fünf Krebspatienten
Conni Carr arbeitet an der School of Nursing der San Francisco State University in San Francisco, Kalifornien. Sie veröffentlichte 2019 zusammen mit drei Kollegen eine Auswertung von fünf Krebspatienten, die zwischen 2013 und 2016 Dronabinol gegen Nachtschweiß eingenommen haben. Die fünf Patienten befanden sich in palliativer Behandlung am Stanford Medical Center.
Alle fünf Patienten berichteten, dass sich während der Behandlung mit Dronabinol die Intensität und Häufigkeit der Nachtschweiße verringerten. Die Autoren der Auswertungen gehen davon aus, dass die beobachteten Effekte vor allem mit der entzündungshemmenden Wirkung von Dronabinol in Verbindung stehen. Dronabinol hemmt wie andere Cannabinoide des Cannabis die Wirkung entzündungsfördernder Zytokine. Zudem könnte es unter dem Einfluss von Cannabis oder Dronabinol zu einem leichten Absenken der Körpertemperatur kommen. (1)
Unsere Beurteilung
Dronabinol ist besser bekönntet als Tetrahydrocannabinol (THC) und ist der Hauptwirkstoff von Cannabis (Hanf). Dronabinol zählt zur Gruppe der sogenannten Cannabinoide. Wie auch andere Cannabinoide reguliert Dronabinol unter anderem den Hautstoffwechsel. Die Haut verfügt über Endocannabinoid-Rezeptoren, an denen Dronabinol seinen Wirkung entfalten könnte. (2) Dies könnte bei der Wirkung von Cannabis und seinen Inhaltsstoffen auf Nachtschweiße eine Rolle spielen. Auch seine entzündungshemmenden Eigenschaften sind dabei wahrscheinlich von Bedeutung. (3)
Die positiven Ergebnisse der oben erwähnten Auswertung sind aus diesen Gründen plausibel. Zudem decken sie sich mit bisherigen kleineren Studien, die die Wirkung von Cannabinoiden bei Nachtschweiß von Krebspatienten untersuchten. (4)
Das könnten Sie tun
Krebspatienten könnten auf verschiedene Weise von Cannabis oder Dronabinol profitieren. Dazu zählen vor allem Schmerzen, Appetitlosigkeit und Übelkeit. Dafür stehen verschiedene Darreichungsformen zur Verfügung. Dazu zählen Dronabinol, der Ganzextrakt Sativex oder Cannabisblüten. Üblicherweise werden Cannabisblüten mit einem Vaporizer verdampft, könnten aber auch als Tee eingenommen werden.
Nachtschweiße sind eine weitere mögliche Anwendungsmöglichkeit für Cannabis und Dronabinol. Den möglichen Nutzen belegen bisher keine aussagekräftigen klinischen Studien, jedoch einzelne dokumentierte Anwendungsbeobachtungen. Wer an Nachtschweißen leidet und Cannabis oder Dronabinol einnehmen möchte, sollte dies mit seiner Ärztin/seinem Arzt besprechen.
Quellennachweis
(1) Carr C, Vertelney H, Fronk J, Trieu S. Dronabinol for the Treatment ofParaneoplastic Night Sweats in Cancer Patients: A Report of Five Cases. J Palliat
Med. 2019 Feb 13
(2) Río CD, Millán E, García V, Appendino G, DeMesa J, Muñoz E. Theendocannabinoid system of the skin. A potential approach for the treatment of
skin disorders. Biochem Pharmacol. 2018 Nov;157:122-133
(3) Croxford JL, Yamamura T. Cannabinoids and the immune system: potential for thetreatment of inflammatory diseases? J Neuroimmunol. 2005 Sep;166(1-2):3-18
(4) Maida V. Nabilone for the treatment of paraneoplastic night sweats: a report of four cases. J Palliat Med 2008;11(6):929-34
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