Mit Bio gegen Krebs? Was dabei zu beachten ist
Sind Bio-Lebensmittel gesünder? Machen konventionell gefertigte Nahrungsmittel krank? Solche Fragen beschäftigen viele Konsumenten, die Tagespresse und Fachzeitschriften liefern immer wieder neue, oft sich widersprechende Aussagen, was den gesundheitlichen Wert einer biologischen Ernährungsweise betrifft. Tatsächlich scheint meist keine pauschale Antwort möglich zu sein, was unter anderem daran liegt, dass eine gesunde Ernährung in erster Linie mit der Ausgewogenheit der einzelnen Nahrungsmittel zusammenhängt. Wer sich nur biologisch, aber stark einseitig ernährt, ernährt sich wahrscheinlich ungesünder als jemand, der zu Produkten aus konventionellen Anbau greift, aber auf Abwechslung und einen hohen Obst- und Gemüseanteil setzt.
Anders steht es mit der Frage, ob biologisch erzeugte Lebensmittel besser vor Krebs schützen könnten.
Folgende drei Faktoren sind hierbei zu berücksichtigen:
Die fehlende Belastung von Bio-Lebensmitteln durch
1. Pestizide, Herbiziden und
2. Wachstumsfaktoren und Sexualhormonen. Sowie:
3. Der höhere Gehalt an pflanzlichen „Schutzfaktoren“ (sekundären Pflanzeninhaltsstoffen) in pflanzlichen Bio-Lebensmitteln.
Verschiedene Pestizide im Verdacht, krebserregend zu sein
Einer der kennzeichnenden Eigenschaften des biologischen Anbaus ist der weitgehende Verzicht auf Pestizide (Pflanzenschutzmittel/ Schädlingsbekämpfungsmittel) und Herbizide (Unkrautbekämpfungsmittel). Hierbei handelt es sich um Giftstoffe, die neben ihrem eigentlichen Nutzen eine Vielzahl an schädlichen Nebenwirkungen haben. So wird der flächendeckende Einsatz von Pestiziden mit dem Bienensterben und dem Absterben ganzer Ökosysteme, wie zum Beispiel der Korallenriffe vor den Bananenanbauflächen Costa Ricas.[1] Ein Nachteil der meisten chemischen Giftstoffe ist, dass sie nicht auf natürliche Weise abgebaut werden könnten und sich so in Nahrungsmitteln anreichern. Wer mit Pestiziden und Herbiziden belastete Nahrungsmittel zu sich nimmt, setzt sich den potentiell schädigenden Wirkungen dieser Stoffe aus. Leider sind deren schädigenden Einflüsse entweder schlecht erforscht oder von der Politik nicht ausreichend berücksichtigt. Allein in der EU ist ein Drittel der 451 schädlichsten Pestizide für die Landwirtschaft zugelassen.[2] Dazu zählt zum Beispiel Glyphosat, vor dessen potentiell krebserzeugenden Eigenschaften die WHO im Frühjahr 2015 warnte. Anders entschieden viele EU-Staaten. In Deutschland sorgte das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) für kontroverse Diskussion: Das BfR sah keinen Hinweis auf die krebserregenden Eigenschaften des häufig eingesetzten Pestizids, weswegen sich die Behörde unter anderem dem Vorwurf der Korruption gefallen lassen musste.[3]
Fest steht: Pestizide und Herbizide könnten sich im Körper anreichern und die Gesundheit des Konsumenten gefährden. Und, wie verschiedene Studien aufzeigen: Wer sich vorwiegend biologisch ernährt, könnte die Belastung durch diese Giftstoffe erheblich minimieren.[4]
Hormone in der Tierzucht – Zunahme hormonabhängiger Krebsarten?
Auch wenn in der EU Wachstumshormone zur Leistungssteigerung in der Tierzucht verboten sind, heißt das nicht, dass die konventionelle Landwirtschaft auf die Gabe von Hormonen verzichten muss. Bei der Milchgewinnung und in der Tiermast werden künstliche Hormone eingesetzt, um die Fleischerträge zu erhöhen. Dies widerspricht zum einen den Grundsätzen einer artgerechten Haltung, zum anderen stellt es für die Tiere ein gesundheitliches Problem dar. Zahlreiche kritische Stimmen warnen auch vor den schädlichen Auswirkungen auf den Menschen. So wird der flächendeckende Einsatz von Hormonen in der Landwirtschaft mit der deutlichen Zunahme von hormonabhängigen Krebsarten wie Brustkrebs oder Prostatakrebs, mit der immer früher einsetzenden Pubertät und mit Fruchtbarkeitsproblemen bei Männern und Frauen in Verbindung gebracht.[4][5]
Mehr sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe in pflanzlichen Bio-Produkten
Sogenannte sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe üben eine Schutzwirkung vor der Entstehung von Krebszellen aus, weshalb sie bisweilen als pflanzliche Schutzfaktoren bezeichnet werden. Dies hängt meist mit den antioxidativen Eigenschaften dieser Stoffe zusammen, welche die schädlichen Einflüsse von freien Radikalen von Zellbestandteilen und insbesondere vom zelleigenen Erbgut fernhalten könnten. Vielfach wurde diskutiert, ob pflanzliche Bioprodukte mehr sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe aufweisen als Obst und Gemüse aus konventionellem Anbau. Die bisher größte Übersichtsarbeit zu diesem Thema kam nach der Auswertung von 350 Studien zu dem Schluss, dass Obst und Gemüse aus biologischer Landwirtschaft deutlich höhere Werte an sekundären Pflanzeninhaltsstoffen aufweist. Dies mag dem Umstand geschuldet sein, dass sich Pflanzen aus biologischem Anbau meistens selbst gegen Schädlinge verteidigen müssen, was sie zur Bildung besagter Stoffe anregt.[6]
Wahrscheinlich höhere Schutzwirkung vor Krebs durch Bio
Abschließend könnte gesagt werden, dass es durchaus Hinweise darauf gibt, dass Lebensmittel aus biologischem Anbau wahrscheinlich eine höhere Schutzwirkung vor Krebserkrankungen haben als vergleichbare Produkte aus konventioneller Erzeugung. Dies ist in erster Linie der fehlenden Belastung mit Pestiziden, Herbiziden und künstlichen Hormonen und dem höheren Gehalt an pflanzlichen „Schutzfaktoren“ geschuldet. Wer sich biologisch ernährt, hat jedoch keine Garantie, sich wirklich gesund zu ernähren. Eine gesunde Ernährung ist vor allem durch die Ausgewogenheit der Lebensmittel mit einem hohen Anteil an Obst und Gemüsen gekennzeichnet. Dem Erfolg der Bio-Bewegung verdanken wir die kritische Einstellung vieler Erzeuger, Konsumenten und Politiker gegenüber dem bedenkenlosen Einsatz potentiell gesundheitsschädlicher Stoffe in der Nahrungsmittelherstellung. Weitere Studien, die die gesundheitlichen Auswirkungen von Gift- und Schadstoffen in der Nahrung aufzeigen, sowie deren Berücksichtigung durch die Politik sind wünschenswert.
Quellennachweis
[1] Greenpeace: „Wie die Natur vergiftet wird“, , 19.12.2017
[2] Greenpeace: „Schwarze Liste der gefährlichsten Pestizide“, https://www.greenpeace.de/node/12937, 19.12.2017
[3] BfR: „Fragen und Antworten zur Bewertung des gesundheitlichen Risikos von Glyphosat„, http://www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zur_bewertung_des_gesundheitlichen_risikos_von__glyphosat-127823.html#topic_195588, 16.12.2017
[4] Knasmüller Siegfried: Krebs und Ernährung, Thieme Verlag, 2014, S. 402 – 403
[5] Bund e.V.: „Fragen und Antworten zum Hormoneinsatz in der Schweinezucht in Deutschland“, http://www.bund.net/fileadmin/bundnet/pdfs/landwirtschaft/140107_bund_landwirtschaft_hormoneinsatz_fragen_und_antworten.pdf, 20.12.2015
[6] Barański M, Srednicka-Tober D, Volakakis N, Seal C, Sanderson R, Stewart GB,
Benbrook C, Biavati B, Markellou E, Giotis C, Gromadzka-Ostrowska J,
Rembiałkowska E, Skwarło-Sońta K, Tahvonen R, Janovská D, Niggli U, Nicot P,
Leifert C. Higher antioxidant and lower cadmium concentrations and lowerincidence of pesticide residues in organically grown crops: a systematicliterature review and meta-analyses. Br J Nutr. 2014 Sep 14;112(5):794-811
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